Was braucht es?

Was ist nötig, damit Menschen unvoreingenommen aufeinander zugehen?

Personal Experiences

Ich habe meine Ärztin (GP) aufgesucht, um mich einer normalen medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Grund dafür war ein starker Juckreiz meiner Haut, den ich verspürte. Meine Ärztin war freundlich und sehr hilfsbereit. Zur Info: Ich war schon einige Male bei ihr zur Untersuchung meiner juckenden Haut. Sie fragte, ob die letzte Creme, die wir vor ein paar Wochen ausprobiert haben, hilft, ich sagte ihr leider nein.

Meine Ärztin beschloss eine Dermatologin (D) zu Rate zu ziehen, um zu fragen, was die beste Lösung für meinen Juckreiz sein könnte. Ich war froh, dass sie die Dermatologin anrief, um mir umgehend Antworten geben zu können. Das Telefon klingelte und die Dermatologin ging ran. Ich konnte beide Seiten des Gesprächs deutlich hören. Das Gespräch verlief ungefähr so:

GP – Ich habe hier eine Patientin mit juckender Haut und wir haben verschiedene Lösungen ausprobiert… ohne Erfolg. Wir können nicht sagen, ob die Haut rot ist, da sie schwarz ist, und es deshalb schwieriger zu sehen ist. (Ich lächle meine Hausärztin an, denn wir hatten zuvor darüber gesprochen.)

D – Spricht sie Englisch oder Deutsch?

GP – Englisch.

D – Kommt sie aus Afrika?

GP – Ja.

D – Hat sie diese und jene Creme probiert?

GP – Ja, keine davon hat geholfen.

D – Was macht sie beruflich?

GP – Sie ist Hausfrau. (Das stimmt nicht.)

D – Haben Sie gefragt, wie lange sie duscht? Afrikaner sind dafür bekannt, dass sie lange und zu oft duschen, was ihre Haut beschädigt.

GP – Ich weiss es nicht, ich habe sie nicht gefragt…

D – Kocht sie mit Tomaten? Afrikaner kochen normalerweise alles damit. Vielleicht liegt es daran.

GP – Ich weiss nicht, ich habe nicht gefragt…

Sie legte den Hörer auf. Ich war so wütend über die Art der Befragung, dass ich kaum etwas sagen konnte. Ich sagte ihr nur, dass ich keine Hausfrau bin… Sie entschuldigte sich und gab zu, dass sie meine Akte hätte prüfen sollen, bevor sie etwas dazu sagte.

Ich kam nach Hause, traurig und wütend, und erzählte die Geschichte meinem Mann, der sich ebenfalls ärgerte. Ich sagte ihm, dass ich es leid sei, mich hilflos zu fühlen, wenn solche Dinge passieren. Er stimmte zu und schlug vor, meiner Hausärztin eine E-Mail zu schicken, um meine Enttäuschung zum Ausdruck zu bringen. Ich formulierte folgende E-Mail und bat meine Ärztin diese der Dermatologin weiterzuleiten:

– Ich möchte als Person respektiert werden und nicht auf meine Herkunft oder meine Arbeit reduziert werden.

– Die kulturellen Normen von Afrikanern zu verunglimpfen ist unfair. Ich hatte in den letzten 2-3 Jahren Probleme mit meiner Haut und erfülle keines der von der Dermatologin erwähnten Klischees. Davon auszugehen, dass es einen kulturellen Grund hat ist unprofessionell.

– Ja, ich dusche täglich, so wie die meisten Menschen in der Schweiz. Die Aussage, dass es für Afrikaner normal ist, lange zu duschen, lässt es so klingen, als seien die Probleme mit meiner Haut meine Schuld.

– Die Länge meiner Duschen kann als medizinischer Ratschlag, aber nicht als Mittel zur Klischeevorstellung aller Afrikaner angesprochen werden. Das gilt auch für die Lebensmittel, die Afrikaner essen.

– Für die nächste Patientin, ob Afrikanerin oder nicht, wenn ein Problem durch ihre Arbeit, ihr Essen oder die Länge ihrer Dusche verursacht wird, dann wäre es nett, darüber zu sprechen und nicht in irgendwelche Stereotypen zu verfallen.

In einer umgehenden Antwort stimmte meine Ärztin mir zu, dass das Gespräch sehr erniedrigend gewesen sei und erklärte, dass sie selbst schockiert sei. Sie entschuldigte sich ihrerseits. Ich kann nur hoffen, dass sie meine E-Mail wie gewünscht mit der Dermatologin weitergeleitet hat.

Warum teile ich diese Erfahrung?

– Zu oft habe ich solche Situationen erlebt und danach nichts unternommen. Meine Freundin drückte es richtig aus, als sie sagte: “Es sind kleine Dinge wie eine seltsame Bemerkung von einer Person und ein weiterer komischer Blick von einer anderen Person… aber irgendwann läuft das Fass über und wir müssen darüber reden.”

– Bildung schützt nicht vor Dummheit. Alle Menschen sind fähig solche naiven Aussagen zu machen und machen dies allzu oft. Ich habe einige meiner schlimmsten Erfahrungen mit extrem gebildeten Menschen gemacht.

– Es ist wichtig in unserer Gesellschaft ein Bewusstsein zu schaffen, dass wir allen Menschen mit Respekt und ohne Vorurteile begegnen müssen, egal woher sie kommen, was sie machen oder wer sie sind. Wenn du ähnliche Erfahrungen gemacht hast, dann teile deine Geschichte!

Liebe alle, bitte seid ehrlich zu euch selbst! Die Zeit der Ignoranz ist vorbei! Einige werden sich fragen, warum ich nicht einfach das Land verlasse? Nun, das kann nicht die Lösung sein. Im Gegensatz zu mir gibt es andere dunkelhäutige Menschen, die vor Kriegen geflohen sind und nicht einfach die Möglichkeit haben, aufzustehen und zu gehen. Ich tue dies für mich selbst und ich tue dies für sie!

Was ist nötig, damit Menschen unvoreingenommen aufeinander zugehen? Was braucht es, damit ich eine Antwort von einer Dermatologin auf meine Hautprobleme bekomme, die auf meiner Situation basiert und nicht auf derangeblichen Dusch- oder Kochkultur eines ganzen Kontinents? Was kann ich tun, um sicherzustellen, dass die Menschen verstehen, dass es naiv ist, die Dinge so zu betrachten?

Ich kenne die Antwort auf alle diese Fragen nicht, aber ich weiss, dass ich mich wehren muss und durch das Teilen dieser Erfahrung möchte ich einen kleinen aber wichtigen Beitrag zur Gleichstellung aller Menschen leisten.

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